Hat Aldi den Vegan Food Award von PETA verdient?
Wir klären in diesem Artikel, ob Aldi unserer Meinung nach den Vegan Food Award von PETA verdient hat. Dieser Award soll nicht nur ein reines Marketing-Werkzeug sein, sondern auch Unternehmen belohnen, die sich das Label „vegan“ groß auf die Fahne schreiben. Dazu zählen wir aber auch das große Sprachrohr eines Konzerns: die Internet-Präsenz. Wie präsentieren die Discounter und Supermärkte deren Produktpalette auf deren Webseiten? Wir haben das ganze einmal systematisch untersucht…
Verdient Aldi den Vegan Food Award?
Jein. Leider ist das ganze nicht so leicht zu beantworten. Wir denken, dass Aldi immer wieder mit tollen und innovativen, veganen Produkten auftrumpfen kann. Wir freuen uns auch immer wieder prächtig, wenn die Marketing-Abteilung nicht schon wieder einen neuen veganen Burger anpreist, sondern Aldi einen eigenen Schoko-Lava-Cake rausbringt.
Aber nicht nur wir stehen immer wieder vor leeren Regalen, auch unter unseren Videos lesen wir das auch immer wieder von euch in den Kommentaren. Und zusätzlich sehen wir immer wieder, dass Produkte schnell ausgelistet werden (z.B. der eigene vegane Käse von Aldi) oder Artikel nur sehr kurzfristig verfügbar sind (wie der Lava-Cake). Als wir uns über Produkte auf der Aldi-Süd-Webseite informieren wollten, waren wir etwas schockiert, wie wenig vegane Produkte dort auffindbar waren – nämlich nur 12.
Vegane Produkte auf den Webseiten der Supermärkte und Discounter
Wie schaut es nun bei den anderen Supermärkten und Discountern aus? Was ist mit Penny, die kürzlich ihre neue vegane Eigenmarke rausgebracht haben? Lidl haben doch auch vor einiger Zeit eine große Kampagne auf Social Media mit ihrer Eigenmarke Next Level Meat gefahren? Übrigens: Kaufland hat auch einen Vegan Food Award von PETA bekommen, und zwar für K-take it veggie in der Kategorie „beste Eigenmarke“. Weil wir eben nicht so gerne Werbeversprechen, sondern lieber harte Fakten mögen, haben wir das ganze systematisch untersucht und selbst Daten erhoben.
Vegane Produkte: so haben wir die Daten erhoben
Um jetzt also zu klären, ob Aldi den „Vegan Food Award“ von PETA verdient hat, schauen wir uns eben auch die Konkurrenz an und wollen wissen, wie vegan-freundlich sie sich online präsentieren.
Für die Datenerhebung haben wir die Anzahl der ausdrücklich als „vegan“ gelisteten Produkte auf den Webseiten der Unternehmen gezählt. Das konnten generelle Produktkataloge (z.B. bei Real), Shop-Systeme mit lokaler Anbindung (z.B. bei Rewe) oder Produkt Showcases von Eigenmarken (z.B. bei Penny oder Edeka) sein. Hauptsache, es gab eine deutliche Erkennbarkeit veganer Produkte durch Filterfunktionen oder auf ausdrücklichen „Vegan“-Seiten. Um diese Seiten zu finden, wurde zunächst eine Google-Suche nach dem Namen des Supermarkts in Verbindung mit dem Suchwort „vegan“ durchgeführt, also zum Beispiel „Edeka vegan„.
Edeka ist allerdings auch schon direkt ein Sonderfall, da wir die eigentliche Produktsuche eher versteckt unten auf der Seite gefunden haben und auch kein richtiger Filter vorhanden ist. Dort würde man theoretisch aktuell auf 71 Produkte kommen, wenn man dann weiter nach „vegan“ sucht, allerdings ohne Garantie. Wir sind dann beim Wert der Seite geblieben, die wir direkt via Google und die Suchfunktion auf der Seite erreichen konnten.
Für jeden Händler wurden dann die Produkte katalogisiert und Duplikate bezüglich Name und URL entfernt. Teils wurden die Produktkataloge mittels automatischer Methoden der Informationsextraktion (Crawling) durchgeführt, teils wurde manuell gezählt. Dies hatte was mit der jeweiligen Anzahl der Produkte zu tun. Um aus 10 Produkten Duplikate zu filtern, braucht man keine automatischen Methoden, bei 5000 Produkten lohnt sich das schon eher. Wir haben uns bei der Suche auf die gängigsten Supermärkte und Discounter beschränkt. Die Datenerhebung haben wir am 22. Juli 2020 durchgeführt (Ende von Quartal 2) und am 11. Oktober 2020 wiederholt (Ende von Quartal 3).
Ergebnisse: Anzahl veganer Produkte auf den Webseiten
In der Grafik fällt sofort auf: die Discounter sind die klaren Verlierer. Kein einziger Discounter listet im Oktober 2020 noch eine ordentliche Anzahl an veganen Produkten auf deren Webseiten. Norma belegt in der Kategorie Discounter immerhin noch den ersten Platz mit 110 veganen Produkten auf der Webseite. Schade, weil Norma ein wenig das Problemkind unter den großen Discountern ist. Während die anderen kräftig ihr (deutlich größeres) Filialnetz ausbauen, stagniert es kräftig bei Norma. Aber dennoch: 110 vegane Produkte ist auch keine Meisterleistung.
Die Supermärkte hingegen weisen ein deutlich höheres Niveau an explizit als „vegan“ ausgezeichneten Produkten auf ihrer Webseite aus. Tegut gefällt uns schon seit langer Zeit recht gut, weil sie quasi die Pioniere mit einem vollständigen veganen Online Produkt-Katalog waren. Sie arbeiten auch stets daran, diese Anzahl zu erhöhen. Auch sehr positiv und knapp die Nummer Eins bei den Supermärkten: Rewe. Ziemlich vorbildliche Filterfunktionen, die teils sogar lokale Verfügbarkeiten von Produkten berücksichtigen. Es sind zwar auch da nicht alle Produkte gelistet, die man in den Filialen finden kann, aber dennoch: top.
Die ganz klaren Sieger sind allerdings die Drogeriemärkte. Wow, dm listet mehr als 5000 vegane Produkte durch alle Kategorien hinweg, allein mehr als 900 vegane Lebensmittel. Wer das bisher nicht auf dem Schirm hatte: ab zu dm! Dort bekommt man eine große Anzahl an Grundnahrungsmitteln, einen Großteil auch in Bio-Qualität.
Wie hat sich die Anzahl der Produkte verändert?
Vegan boomt. Immer mehr neue und innovative Produkte kommen auf den Markt. Daher hat uns eben auch die Änderung der Anzahl der Produkte auf den Webseiten interessiert. Wir haben daher auch die Änderung von Quartal 2 (Juli) 2020 zu Quartal 3 (Oktober) 2020 untersucht.
Real ist das Schlusslicht, allerdings ist dies den aktuellen Umständen bezüglich der Insolvenz und Zerschlagung des Konzerns geschuldet. War vorher eine gute Filterfunktion ähnlich zu Kaufland vorhanden, ist nun nur noch eine (veraltete) Produktliste als PDF online. Das erklärt die drastische Änderung. Das zweite Schlusslicht ist Rossmann. Solche Änderungen können allerdings aufgrund eines sehr großen Produktkatalogs bei geänderter Such- oder Filterfunktionen geschehen. Da wir natürlich keine direkten Einblicke in die genutzten Technologien haben, können wir dort nur mutmaßen. Eine geänderte Filterfunktion konnten wir allerdings beobachten. Dennoch: angesichts der vielen Produktinnovationen und Neuvorstellungen erwarten wir eher ein steigendes Sortiment. Gerade die Discounter und einige Supermärkte reflektieren das nicht in den Zahlen. Was war da los, Aldi? Bezüglich der Änderung im Produktkatalog sehen wir ein strahlendes Siegertreppchen mit dm, tegut und Rewe. Insgesamt können wir also nicht wirklich sagen, dass Aldi den „Vegan Food Award“ von PETA verdient hätte.
Vegan FLOP und TOP Awards
Neben den an sich schon (zumindest für uns) ziemlich unerwarteten Zahlen sind uns bei der Recherche auch so einige andere Sonderbarkeiten bei Netto, Edeka und co. aufgefallen. Deswegen haben wir das Ganze zum Anlass genommen und unsere eigenen Awards verliehen: den Vegan TOP und Vegan FLOP Award. Außerdem haben wir auch genauer hingeschaut und festgestellt, wie sich Aldi die Anzahl der Produkte für den schöngerechnet hat. Schaut selbst im Video:
Kleiner Disclaimer am Rande: Der Artikel wurde am 08.11.2020 veröffentlicht, die Datenerhebungen haben am 22.7.2020 und am 11.10.2020 stattgefunden. Alle Angaben beziehen sich daher auf diese Zeiträume und können zum Zeitpunkt, an dem du diesen Artikel liest, anders sein.